Wenn Buchstaben flüchten

Kennt ihr das auch?

Buchstaben tauchen scheinbar aus dem Nichts auf, formieren sich zu einem Wort und winken euch zu. Sie tanzen vor euch herum, um eure Aufmerksamkeit zu erlangen. Doch ihr seid beschäftigt und murmelt: „Gleich, nicht jetzt.“

Die Buchstaben warten und beginnen sich zu langweilen. Und wenn Buchstaben sich langweilen, dann hecken sie garantiert etwas aus. Versteckenspielen zum Beispiel.

Wenn ihr dann endlich Zeit habt, euch den Buchstaben zu widmen, sind sie verschwunden. Alles, was ihr sehen könnt, sind ein paar Buchstabenspuren, die euch das Gefühl geben, dass ihr etwas Wichtiges verpasst habt. Also begebt ihr euch auf die Suche.

Plötzlich glaubt ihr, einen der Buchstaben gesehen zu haben. Ein „E“ vielleicht. Oder ein „R“. Ihr hastet hin, wollt ihn gerade fassen, aus dem Versteck zerren, da ist er auch schon wieder weg.

So geht das eine ganze Weile, bis ihr gar nicht mehr wisst, wonach ihr eigentlich sucht. Erschöpft setzt ihr euch in den Schatten eines Baumes und schließt die Augen.

Plötzlich sind sie da. Ein Buchstabe nach dem anderen lugt hinter dem Baum hervor. Sie begreifen, dass ihr das Interesse verloren habt – was ihnen natürlich gar nicht gefällt – und preschen hervor. Artig bilden die Buchstaben das Wort, stupsen dich an und lächeln dir zu. Ihr öffnet die Augen und seht sie in ihrer ganzen Pracht vor euch:

    FROHE  OSTERN           

Ja, sie sind ganz schön verspielt, diese Buchstaben.

Martina Hildebrand